Wenn wir körperliche Beschwerden oder Schmerzen haben, suchen wir in der Regel einen Arzt auf. Wenn wir das Gefühl haben, seelisch und emotional vor großen Herausforderungen zu stehen, dann wenden wir uns hier an einen Psychologen oder Psychotherapeuten. In der klassischen Schulmedizin und auch im Gesundheitssystem werden die Bereiche Körper & Geist überwiegend getrennt. Die Schnittstelle ist allgemein nicht sehr groß. Warum es sich aber lohnen kann, den Blick etwas weiter und die Trennung von Körper und Geist ein Stück weit weicher werden zu lassen, davon möchte ich Dir in diesem Artikel berichten.
Im 17. Jahrhundert wartete René Descartes – seinerzeit Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler – mit einer Theorie der Trennung von Körper und Geist auf. Er beschrieb den Körper als eine Art Maschine. Die damaligen Gelehrten übernahmen diese Annahme der Trennung von körperlichen und psychischen Prozessen und Erkrankungen.
So lange Körper und Geist getrennt voneinander betrachtet wurden, so erfreulicher und spannender ist es, dass seit einigen Jahren neue Wissenschaftszweige in diverse Studien mittlerweile zeigen konnten, dass Körper und Geist sehr wohl eng miteinander verbunden sind. Vermutlich sogar noch viel enger, als wir es uns gemeinhin vorstellen können.
So weiß man heute, dass die Psyche – die geistig-emotionale Einstellung und innere Haltung – einen beachtlichen Einfluss auf Krankheitsrisiken und Heilungsverläufe hat. Dieser Einfluss reicht vom Herzinfarkt, über chronische Rückenschmerz bis hin zu Infektionskrankheiten.
Und genauso umgekehrt: Der Körper und der physische Zustand haben einen ebenso erstaunlichen Einfluss auf unsere Psyche.
GEIST & KÖRPER
Biochemische Vorgänge in den Organen und Körperstrukturen haben die Macht, einen Menschen emotional so sehr aus dem Gleichgewicht zu bringen, dass er letztlich psychisch erkrankt. Selbst unbewusste, kleine und unwillkürliche Körperbewegungen können Einfluss auf unsere Gefühle und Gedanken haben. Unsere „innere Haltung“ spiegelt sich auch in der äußerlich sichtbaren Körperhaltung wieder.
Denke dazu einmal darüber nach, wie sich Dein Körper anfühlt und verhält, wenn Du zutiefst traurig bist:
- Wie ist Deine Körperhaltung dann?
- Wie hältst Du Deinen Kopf – Deine Schultern?
- Wie verläuft Deine Atmung – wie tief (oder weniger tief) atmest Du, wenn Du sehr sehr traurig bist?
- Was passiert in Deiner Mimik?
Sicherlich stellst Du fest, dass Dein Körper bestimmte unwillkürliche Haltungen und Ausdrücke annimmt, wenn Du Dir vorstellst, sehr traurig und niedergeschlagen zu sein.
Probiere es nun einmal anders herum:
Wie verhält sich Dein Körper, wenn Du ein Deinen größten Triumph, einen persönlichen Erfolg oder ein grandioses Freudenereignis denkst?
- Wie ist nun Deine Körperhaltung?
- Wie Deine Kopfhaltung, Deine Atmung und Deine Mimik?
- Wie verhält sich Dein Körper, wenn Du voller Stolz und Freude bist?
Die Erkenntnis, die Du jetzt gerade mit dieser kleinen Übung gemacht hast, ist bereits wissenschaftlich belegt. Die Körperchemie verändert sich, je nachdem, wie Deine Haltung ist. Das ist äußerst spannend, denn diese Erkenntnisse eröffnen neue Fragen und Ansätze in Hinblick der Behandlung psychischer Erkrankungen…
Schon der berühmte Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freund, stellte bereits die Vermutung auf, dass psychische Konflikte sich in körperliche Beschwerden und Symptome umwandeln und dort sichtbar werden können. Bis dies aber auch von den Medizinern akzeptiert und in wissenschaftlichen Studien belegt wurde, vergingen noch einige Jahrzehnte.
Heutzutage ist es ein Fakt, dass psychische Erkrankungen, ein hohes Stresslevel oder (unbewusste) emotionale Konflikte sich auf den gesamten Körper – von der Haarwurzel bis zum kleinen Zeh – auswirken können. Allerdings ist die vormals jahrhundertelange Trennung von Körper und Geist auch heute noch der Grund, weshalb häufig die Beziehung dieser beiden menschlichen Aspekte in der mentalen Arbeit und Persönlichkeitsentwicklung nach wie vor oft nicht mit einbezogen wird.
Solange Köroer und Geist allerdings nicht gleichwertig und als Teile des einen Ganzen (des Menschen) betrachtet werden, kann es sein, dass wichtige Ursachen und Faktoren für psychische und emotionale Blockaden und Konflikte, schädliche Verhaltensmuster oder sogar psychische Erkrankungen wie Depression übersehen oder zum Teil fehl- oder nicht ausreichend behandelt werden.
EMOTIONEN & DEREN SPUREN
Jede körperliche und emotionale Erfahrung hinterlässt in unserem Körper eine Spur. Jedes Gefühl, dass wir verspüren beinhaltet auch eine körperliche (biochemische) Komponente. Nicht zuletzt können all unsere Gefühle auf Neurotransmitter und Hormone in unserem Gehirn und in unserem Nervensystem zurückgeführt werden.
Erfahrungen & Erlebnisse, die Umwelt in der wir eben, die Nahrung, die wir zu uns nehmen, alle Sinneseindrücke, die wir aufnehmen, jeder Stressmoment und jedes Hochgefühl hat Auswirkungen auf unseren Körper bis hin in die kleinste zelluläre Ebene. Die Zellen des Körpers passen sich stetig an veränderliche Bedingungen an. So wird ununterbrochen entschieden, ob und wie schnell sich Zellen teilen, welche Stoffe eine Zelle vermehrt produziert oder welche Art von Produktion reduziert wird.
Zudem finden epigenetische Veränderungen in der DANN der Körperzellen statt.
Anders als lange Zeit angenommen, ist unser genetisches Material, die DNA, nicht statisch und ein Leben lang unveränderlich, wie früher angenommen. Stattdessen ist sie durch unsere Umwelt und unseren Lebensstil veränderbar!
Epigenetik beschreibt genau diese Beobachtungen: Strukturelle Veränderungen der DNA durch Umwelt- und Lebensstilfaktoren. Diese Veränderungen können beispielsweise dazu führen, dass bestimmte Gene mehr oder weniger abgelesen werden. Und da Gene ja die Baupläne für all die Zellen in unserem Körper sind, ist der Körper somit auch nicht statisch und unveränderlich – ungeachtet des Alterungsprozesses.
So ist beispielsweise mittlerweile bekannt, dass Rauchen zahlreiche epigenetische Veränderungen mit sich bringt. Aber auch Umweltgifte, Alkohol und chronischer Stress können die Veränderungen der DNA herbeiführen, die dann sogar an die nächste Generation weitervererbt werden.
ERFAHRUNG STATT WISSEN
Eine weitere interessante Schnittstelle zwischen Körper und Geist ist das Körpergedächtnis (auch kinästhetisches Gedächtnis bezeichnet). Alle Erfahrungen die wir jemals machen haben das Potential, hier abgespeichert zu werden. Insbesondere in frühen Prägungsphasen kann dieses Phänomen großen Einfluss auf unser Handeln haben. Beispielsweise werden Bewegungsabläufe zum Fahrradfahren oder Schwimmen über diesen Mechanismus abgespeichert. Über das Körpergedächtnis gemerkte Handlungen sind kaum bzw. nur äußerst schwer zu verändern oder gar zu vergessen.
Diese feinen und komplexen Zusammenhänge von Geist und Körper machen deutlich, dass wirkliche Veränderungen nur über reelle Erfahrungen passieren können. Das Wissen über die Art und Weise, wie du etwas verändert möchtest, genügt nicht. (Nur angewandtes Wissen ist Macht.)
Dein Körper muss Erfahrungen machen!
Mentales Training kann hierbei eine Brücke, ein Bindeglied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit sein. Hierbei visualisierst Du wiederholt Bewegungs- oder Verhaltensmuster, die Du in Deinem täglichen Alltag vermehrt ausführen möchtest. Dabei werden die notwendigen neurologischen Verbindungen - unabhängig von der physiologischen Handlung - aktiviert. Bei der tatsächlichen Ausführung später kann dann das Gehirn auf diese ersten Erinnerungen zurückgreifen und so tatsächlich schneller und leichter ein effektiver Trainingseffekt erzielt werden. Das Gehirn unterscheidet erst einmal nicht, ob Du Dir etwas vorstellst, oder ob es Realität ist (Daher Achtung bei gedanklichen Katastrophenszenarien!).
Die tatsächliche körperliche Aktivität und körperliches Training kann mentales Training allein allerdings nicht vollständig ersetzen.
Wir Menschen bestehen sowohl aus einer körperlichen, als auch einer geistigen/psychischen Dimension. Beide bilden in uns eine untrennbare Einheit. Nur einseitig auf diese komplexe und faszinierende Einheit zu schauen ist folglich immer unvollständig. Daher habe ich es mir zur Aufgabe und zum Mittelpunkt meiner Arbeit gemacht, genau dieses Wissen mit Dir und vielen weiteren Menschen zu teilen.
Ein liebevolles Zusammenspiel von Körper und Geist wünsche ich Dir!
Herzlichst,
Elina
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