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BLOGBEITRAG

Momo und die Spiritualität - Teil 1

Aktualisiert: 21. Apr. 2021


Das Buch Momo von Michael Ende half mir dabei einen bewussten Umgang mit Zeit zu entwickeln. In dem Buch werden die Menschen von den „grauen Herren” dazu verleitet, Zeit zu sparen. Das können sie tun, indem sie weniger Zeit mit ihren Familien, Freunden und Hobbys verbringen und ihre Zeit so immer effizienter nutzen und „sinnvolle” Dinge tun. Nicht verwunderlich, dass die Menschen dadurch krank werden. Sie werden selbst zu grauen Herren. Doch ehrlicherweise erinnerte ich mich selbst an einen dieser Menschen, als ich das Buch im Alter von 24 Jahren erneut - als Kinde habe ich die Geschichte oft als Hörbuch gehört - las. An Kinder trauen sich die grauen Herren erst als letztes heran. Sie sind nicht so offen für die Idee des Zeitsparens, das verhindert ihre Phantasie und Lebensfreude. Als Kind kamen mir die grauen Herren fremd und unwirklich vor und sie waren offensichtlich „die Bösen” in der Geschichte. Es machte mich traurig, dass ich im Laufe der Jahre von Team Momo in das Team graue Herren gewechselt war.


Ich versuchte mich zu erinnern, um herauszufinden, was sich verändert hatte. Und wie ich wieder ins Team Momo komme. Vor allem die Figur „Beppo der Straßenkehrer“ faszinierte mich als Kind. Beim erneuten Lesen kam mir folgender Satz bekannt vor: „es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann ich niemals schaffen, denkt man.[...] Und dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes mal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst zu tun, und zum Schluß ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem.[...] Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, den nächsten Atemzug. [...] Dann macht es Freude, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.[...] Auf einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste”. (Ende, 1973, S.36.f) Es geht um das Leben im Hier und Jetzt. Ich kann noch so sehr an einen kommenden Straßenabschnitt denken, ich kann nur den Abschnitt kehren, auf dem ich gerade stehe. Oder anders gesagt, ich habe nur im Hier und Jetzt einen Handlungsspielraum. Jetzt kommt noch hinzu, dass die Straße - das Leben - nicht nur lang, sondern auch noch kurvig ist, viele Kreuzungen hat und dadurch uneinsehbar ist. Jeder Besenstrich und jede Kreuzung beeinflusst, welchen Weg ich die Straße entlang gehe. Gedanken an zukünftige Abschnitte sind deswegen so energieraubend.


Ich weiß nicht, welchen Weg ich gehen werde, welche Besenstriche ich machen muss, weil ich die Straße gar nicht einsehen kann. Im Idealfall weiß ich, wohin die Straße geht - das würde ich ein Lebensziel nennen. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem ich einen Besenstrich tätige oder eine Kreuzung wähle, existieren unendlich viele Wege. Ich war zu einem grauen Herr geworden, weil ich zu viel an zukünftige Kreuzungen und Besenstriche - Entscheidungen - gedacht habe. Ich wollte möglichst sinnvolle Entscheidungen in meinem Leben treffen. Ich wollte den Weg so gerne kennen. Deswegen macht das Zeitsparen auch krank. Was sind schon sinnvolle Handlungen, wenn man den Weg nicht kennt? Zu wissen, wohin die Straße geht, das reicht. So kann man Vertrauen haben, dass es nicht so wichtig ist, welche Kreuzungen man in Zukunft nimmt. Das Kehren zu genießen - mit Hobbys, Freunden und Familie - ist viel wichtiger. Man kommt irgendwann an, hat seine Sache gut gemacht, und ist nicht außer Puste.


„the eternal present is the space within your whole life unfolds the one factor that remains constant.” - Eckhart Tolle

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